Die ersten Autos sollten im Juli 2020 vom Band laufen. Dann wurde der Produktionsstart auf den Sommer 2021 verschoben. Als auch dies nichts wurde, äußerte der Wirtschaftsminister Brandenburgs die Hoffnung, dass das erste fertiggestellte Auto das „Geburtsjahr 2021“ haben werde. Auch weiterhin ist der Produktionsstart in der Tesla-Fabrik im brandenburgischen Grünheide nahe bei Berlin offen. Eine endgültige Genehmigung gibt es nicht, obwohl die Fabrik fertiggestellt ist. Möglich wurde dies durch 19 Vorabzulassungen. Im Endeffekt baut Tesla auf eigene Verantwortung und müsste die Fabrik wieder abbauen und den ursprünglichen Zustand wieder herstellen, falls die endgültige Genehmigung versagt wird. Die Verzögerungen hatte sich Tesla zum Teil selbst zuzuschreiben. Zu der Autofabrik, für die das Genehmigungsverfahren beantragt worden war, wurde im Laufe der Zeit eine Batteriefabrik auf demselben Gelände hinzugefügt, für die keine Genehmigung beantragt wurde. Dazu kamen im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens Einwendungen von Bürgerinnen und Bürgern und Umweltverbänden.
Gerade dies hat Tesla-Boss Elon Musk besonders geärgert. Er kritisierte die deutsche Bürokratie und ließ von seiner Firma „Tesla Manufactoring Brandenburg SE“ einen Brief an das für das Genehmigungsverfahren zuständige Gericht schreiben, einen in den USA üblichen sogenannten „Amicus-Curiae“-Brief, einen Brief, durch den der Absender sich als „Freund des Gerichts“ ausweist – und der nichts anderes als Einflussnahme auf die Entscheidung erreichen soll.
Dieses in Deutschland und ganz Europa vollkommen unübliche Verfahren kommentiert die „Süddeutsche Zeitung“ mit deutlichen Worten: „Kerneuropa ist auch deshalb so erfolgreich, weil man sich hier auf Mindeststandards des Miteinander geeinigt hat: Beispielsweise können Menschen mitentscheiden bei Bauvorhaben. Sie sprechen mit in Großunternehmen durch die Arbeitnehmervertretungen. Die Politik gibt dabei den Rahmen vor … Tech-Konzerne aus den USA wie Apple, Google oder Amazon kommen mit diesen Gepflogenheiten seit jeher nur schwer zurecht … Für US-Companies gilt: Geld regiert die Welt“ (Tesla – Eine fortwährende Respektlosigkeit – von Max Hägler, Süddeutsche Zeitung Nr. 236 vom 12. Oktober 2021).
Nebenbei bemerkt: Die Rechtsform SE (Societas Europea) der Tesla-Gesellschaft ist eine auf EU-Ebene geschaffene Unternehmensform, mit der die weitreichende Arbeitnehmermitbestimmung wie in Deutschland üblich vermieden werden kann.
Was ist nun der Stein des Anstoßes? Es ist das Wasser.
Über den gesamten Bereich der Fabrik laufen in nur wenigen Metern unter der Erdoberfläche Grundwasserleiter, die durch die Erdaushübe und notwendigen Fundamente im Erdboden gefährdet sind. „Unsere Sorge ist, dass bei Störfällen, insbesondere in der geplanten Batteriefabrik, eine Kontaminierung des Grundwassers nicht ausgeschlossen werden kann“, so äußerte sich der Geschäftsführer des zuständigen Wasserversorgungsverbands Strausberg-Erkner (WSE). (Tesla-Fabrik-Wasserverband sieht Risiken – Südkurier Nr. 239 vom 15. Oktober 2021).
Ein weiterer elementarer Streitpunkt ist der Wasserverbrauch. Die Fabrik ist in einem Trinkwasserschutzgebiet errichtet worden.
Nach den bisher veranschlagten Kapazitätsgrößen wird mit einem Jahresverbrauch von 1,5 Millionen Kubikmetern gerechnet. Brandenburg und insbesondere das Gebiet um Grünheide, in dem das Werk steht, ist niederschlagsarm. Wasser gilt hier als knappes Gut und die Dürren der vergangenen Jahre haben die Situation noch verschärft.
Nun ist in einer Auseinandersetzung in den Medien darauf hingewiesen worden, dass andere Industrieunternehmen in Brandenburg deutlich mehr Wasser verbrauchen als Tesla veranschlagt hat, so dass Kritik an Tesla unbegründet sei. Dabei wurde außer Acht gelassen, dass Tesla in Zukunft von einer deutlichen Produktionsausweitung ausgeht, die bei der ursprünglichen Bedarfsberechnung nicht berücksichtigt wurde. Außerdem sind die Zuliefererfirmen, die sich ansiedeln werden, und die zukünftigen Beschäftigten, die sich ebenfalls ansiedeln werden, bei der Veranschlagung ebenfalls nicht berücksichtigt worden. Es ist also insgesamt von einem viel höheren Wasserverbrauch auszugehen.
Der Wasserverband Strausberg-Erkner, der auch Tesla mit Wasser versorgen wird, hat die Versorgung zwar zugesichert, gleichzeitig aber deutlich gemacht, dass er in besonderen Trockenperioden Einschränkungen nicht ausschließen kann. Sollte Tesla in Zukunft also mehr Autos bauen wollen als bisher geplant, müsste Wasser aus anderen Gegenden hergeleitet werden. Umweltschützer fürchten, dass das nahegelegene Löcknitztal mit seinen Mooren und Sümpfen dann als Wasserreservoir dienen soll mit der Folge, dass diese dann austrocknen werden. Schon jetzt, bevor Tesla überhaupt in Betrieb geht, war der Wasserverband gezwungen, aus seinen bisherigen Reservoiren mehr Wasser zu fördern, um die Versorgung sicherzustellen.
Die Erhöhung der Fördermenge war vom Landesumweltamt genehmigt worden. Wie sich inzwischen herausgestellt hat, genehmigte das Landesumweltamt die auf der Grundlage von DDR-Unterlagen aus dem Jahr 1976, noch dazu einem anderen Wasserwerk zugeordnet, wie das ZDF-Magazin „frontal“ am 11.01.2022 berichtete. Ob unter den sich verändernden klimatischen Bedingungen noch die gleiche Grundwassermenge zur Verfügung steht, kann bezweifelt werden.
Dagegen klagen der Naturschutzbund Brandenburg und die Grüne Liga. Sollte das Verwaltungsgericht ihnen Recht geben, könnte die Versorgung mit dem notwendigen Wasser für Tesla noch zu einem ernsten Problem werden.
Denn der Geschäftsführer des Wasserverbands sieht die ausreichende Lieferung von Wasser an Tesla nicht mehr gewährleistet, wenn die wasserrechtliche Bewilligung vom Verwaltungsgericht aufgehoben wird, wie er in „frontal“ äußerte.