Freihandelsabkommen TTIP zwischen EU-USA – keine Chance, sondern eine große Gefahr!

Dezember 30th, 2013

Europäische Union und USA verhandeln seit Juli 2013 hinter verschlossenen Türen über ein Freihandelsabkommen. Erst allmählich werden die Absichten bekannt, die mit diesem Ab­kommen verbunden sind. In der Süddeutschen Zeitung sah sich der zuständige EU- Han­delskommissar de Gucht im August 2013 zu einer umfassenden Verteidigung seines Vorge­hens gezwungen, nachdem bereits von verschiedensten Seiten Kritik laut geworden war.


Was ist beabsichtigt?

Nach dem Willen beider Seiten soll der weltweit größte Handelsraum entstehen, in dem Zöl­le und sog. nichttarifäre Handelshemmnisse abgeschafft werden. Die EU und die USA ste­hen für fast 50 % des Welthandels. Es geht um die Gleichbehandlung sowohl von Gütern als auch von Dienstleistungen und Investitionen im gemeinsamen Handelsraum.
Es geht um Fabrikationsstandards von europäischen Autos für den US-Amerikanischen Markt genauso wie um die Auseinandersetzung zwischen Boeing und Airbus, um genmani­pulierten Mais oder gechlorte Hähnchen für den Verbraucher in Europa, um die französische Filmindustrie gegenüber Hollywood und um die deutsche Buchpreisbindung.
Die Befürworter des Freihandelsabkommens wollen die Zustimmung dadurch schmackhaft machen, dass sie Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze versprechen.
Selbst das Bundeswirtschaftsministerium muss zugeben, dass der Wachstumseffekt im EU-Wirtschaftsraum lediglich 0,75 % betragen wird. Und das eher arbeitgeberfreundliche Ifo-Institut hat ausgerechnet, dass der Arbeitsplatzeffekt marginal bleibt. Es geht von 400 000 Arbeitsplätzen in der gesamten EU aus, allerdings verteilt auf 15 Jahre.

 

Was verbirgt sich nun tatsächlich hinter dem Abkommen?

Eine wesentliche Absicht besteht darin, Investitionen zu schützen, die von Unternehmen im jeweils anderen Wirtschaftsgebiet getätigt werden. Diese Investitionen sollen vor Umwelt- oder Gesundheits- oder Arbeitsschutzauflagen geschützt werden, die im jeweils anderen Wirtschaftsraum gelten. Diese Auflagen sind die nichttarifären Handelshemmnisse, die ab­gebaut werden sollen.
Ein Beispiel: Im Rahmen des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens NAFTA verklagt die US-Firma Lone Pine den kanadischen Staat auf eine Entschädigung von 250 Mio Dollar. Grund war das von Kanada verhängte Moratorium gegen das sog. Fracking von Schiefergas und Öl.
Nebenbei bemerkt: Ein solches Moratorium gegen Fracking steht auch im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD. Diese Methode, bei der ein Chemie-Wasser-Sandgemisch in das Schiefergestein gepresst wird, um Öl oder Gas zu fördern, gilt als extrem umweltschädlich und ist eine Gefahr für Grund- und Oberflächenwasser und damit für unsere Trinkwasser­versorgung. Haben wir nach Abschluss des TTIP-Abkommens Klagen von US-Firmen zu erwarten, die bei uns mit der Fracking-Methode Öl oder Gas fördern wollen und durch das Moratorium in ihren Investitionen und ihren Profiterwartungen beeinträchtigt werden?

 

Vor diesem Hintergrund ist es schon nicht mehr verwunderlich, dass die Verhandlungen über das Abkommen vor den Bürgerinnen und Bürgern geheim gehalten werden, während Groß­konzerne und ihre Lobbyisten ungehinderten Zugang zu den Verhandlungsdelegationen haben und entsprechenden Einfluss ausüben.


Zu dem erwartbaren Abkommen gehört auch die Installation von Schiedsgerichten, wie  sie bereits bei anderen Freihandelsabkommen (z. B. NAFTA) eingerichtet wurden. Hierbei han­delt es sich um außerstaatliche Einrichtungen, die von immer denselben Juristen aus welt­weit tätigen Anwaltskanzleien besetzt werden, die wahlweise für Konzerne oder Staaten tä­tig sind. Mit anderen Worten: Eine Hand voll Anwälte entscheidet autonom ohne Bindung an rechtsstaatliche Grundsätze über Millionen- oder Milliardenklagen von Unternehmen ge­gen Staaten, die Schutzauflagen zugunsten ihrer Staatsbürgerinnen und Staatsbürger oder zugunsten der Umwelt aufgestellt haben. Die Bürgerinnen und Bürger zahlen dann dafür, dass die Unternehmen anschließend ungehindert ihren Geschäften nachgehen können und die vormals gültigen Auflagen nicht mehr beachten müssen.

Einer der schärfsten Kritiker des erwartbaren Abkommens, der Münchner Publizist Fritz Glunk, hat in der Süddeutschen Zeitung treffend formuliert: “Der Investor ist unantastbar!”

 

Was ist zu befürchten?

  • Die Angleichung von Standards im Agrarbereich könnte bedeuten, dass gentechnisch manipulierte Lebensmittel ohne Kennzeichnung auf den Europäischen Markt kom­men.
  • Fracking zur Rohstoffgewinnung könnte zur gängigen Praxis werden mit verheeren­den Folgen für Mensch und Umwelt.
  • Die zaghaften Ansätze zur Finanzmarktregulierung könnten wieder beseitigt werden.
  • Der so gut wie nicht vorhandene Schutz von Arbeitnehmerrechten in den USA könn­te dazu führen, dass die in Europa schon reduzierten Schutzrechte für Arbeitnehme­rinnen und Arbeitnehmer noch weiter abgebaut und Gewerkschaften noch weiter ge­schwächt werden.
  • Im Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge (Wasser, Verkehr, Gesundheit, Bildung usw.) könnte es zu einer Privatisierungswelle kommen. Diese Befürchtungen hat vor kurzem der Präsident des deutschen Städtetags, der Nürnberger Oberbürgermeister Maly, bestätigt. Er sieht durch die TTIP-Verhandlungen neue Gefahren für die öffent­liche Daseinsvorsorge und geht von einer Bedrohung der Trinkwasserversorgung in öffentlicher Hand aus.

 

Dies alles kann nicht im Interesse der Bürgerinnen und Bürger sein.

 

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